Die geheimnisvolle Welt der Etrusker

07. April 2018 | FB-AlteSprachen | Kategorien: Aktuelles
Tomba die Leopardi: Diener und Musikanten. Etruskische Wandmalerei. Um 475 v. Chr. Tarquinia; auch abgebildet in: Campus A, Textband, Bamberg 2012, S. 117.

Im Unterrichtswerk „Campus“ (L. 16/17) lernen die Schülerinnen und Schüler die geheimnisvolle Welt der Etrusker kennen. Als „Transportmittel“ für diese Unterrichtssequenz fungiert eine fiktive Kriminalgeschichte, in deren Mittelpunkt der Opferpriester (haruspex) Velthurius steht. Er ist wie seine Familie stark von etruskischen Traditionen durchdrungen und beklagt den Diebstahl seines für die Durchführung religiöser Rituale unabdingbaren „heiligen“ Buches. Dadurch wird nicht nur die Bedeutung des Buches für den Staatskult, sondern auch die damit einhergehende Bedrohung der sozialen Existenz seiner Familie offenbar. Die Spur zur Aufklärung des „Verbrechens“ führt die Lernenden fort von Rom nach Ostia. Als Versteck der Diebe wird die Nekropole der Hafenstadt aufgespürt, die Bande dingfest gemacht, das „heilige“ Buch dem Priester – den Göttern sei’s gedankt – zurückgegeben.

Zwei für die Erschließung etruskischer Kultur und Lebensweise wesentliche Aspekte werden den Lesern dieser Kriminalgeschichte vor Augen geführt: die Bedeutung der (Staats-) Religion und die der Nekropolen für die Jenseitsvorstellungen der Etrusker.

Tatsächlich glaubten die Etrusker an das ständige Eingreifen göttlicher Mächte in ihr Tun und Handeln und ersannen vielerlei Künste, in die Zukunft zu sehen. Ihre Priester deuteten Naturerscheinungen und den Flug der Vögel (augures) oder sie untersuchten die Eingeweide der Opfertiere (haruspices). Die Römer übernahmen diese „Kompetenzen“ und fassten sie als „Disciplina Etrusca“ zusammen.

Was aber wissen wir sonst noch über dieses immer wieder als rätselhaft beschriebene Volk der Etrusker? Vom 7. bis zum 5. vorchristlichen Jahrhundert lebten sie im Gebiet der heutigen Toscana. Woher sie kamen, ist wissenschaftlich bis heute nicht ausgemacht. Sie waren in einem System von Stadtstaaten organisiert und herrschten zeitweilig auch über Rom. Ihre Sprache gehörte nicht der indo–europäischen Familie an und ist zum Teil unübersetzbar. Etwa hundert Jahre dauerte die etruskische Herrschaft über Rom, bis ihr letzter König, Tarquinius Superbus, 509 v. Chr. entmachtet und die römische Republik ausgerufen wurde. Eine Reihe militärischer Niederlagen leitete ab dem 3. Jh. den Niedergang der Etrusker ein, bis ihr Staat im 1. Jh. allmählich mit dem römischen verschmolz. Dennoch blieb der etruskische Einfluss noch lange erhalten. Etruskische Nekropolen mit ihren ausgemalten Grabkammern können heute noch in Mittelitalien besichtigt werden und so lässt sich postum ein relativ konkreter Blick auf die Mentalität dieses tatsächlich rätselhaften Volkes werfen, wenn man zudem griechische und lateinische Schriftquellen hinzuzieht. Danach liebten die Etrusker die Jagd und das Feiern und ihren Frauen wurde gutes Aussehen und eine enorme Trinkfestigkeit attestiert, sogar an männlichen Gastmählern durften sie teilnehmen – aus griechischer Sicht ein Skandalon! So nimmt es nicht wunder, dass die Griechen die emanzipierten Etruskerinnen als sittenlose Gestalten herabgewürdigt haben.

Berühmter Exponent etruskischer Lebensweise war der reiche Maecenas, der die Künste und Wissenschaften zur Zeit des Kaisers Augustus förderte. Stolz war er auf seine etruskischen Wurzeln und wer immer durch Geist und Witz oder durch irgendeine Kunstfertigkeit zur Unterhaltung beizutragen vermochte, fand unschwer Zulass zu seiner Tafel: Dichter, Literaten, Mimen, Tänzer, Sänger, lockere Mädchen, sofern sie nur hübsch genug waren. Schon dieser Umgang war Römern alten Schlages ein Dorn im Auge.

Die Kriminalgeschichte endet nicht zufällig in einer Nekropole. Von ihren Toten verabschiedeten sich die Etrusker mit einem Leichenschmaus. Ganze Hausstände verschwanden dabei in den Grabkammern. An nichts sollte es den Verstorbenen fehlen. Diese Verbundenheit zwischen Lebenden und Toten, dazu ein ausgeprägter Ahnenkult, verweisen auf einen starken Sinn fürs Religiöse.

Von ihnen selbst ist keine Literatur überliefert, nur Inschriften und Urkunden. Das Badische Landesmuseum lässt bei der seit vielen Jahren größten deutschen Etrusker–Ausstellung deshalb archäologische Funde sprechen: Reliefs, Statuen, Waffen und Schmuck: über 400 Exponate. Vieles davon ist erstmals in Deutschland zu sehen.

„Die Etrusker – Weltkultur im antiken Italien“, so der Titel dieser ungewöhnlichen Ausstellung. Sie ist noch zu erleben bis zum 17. Juni 2018, im Landesmuseum in Karlsruhe.

PS: Cicero selbst ist es, der uns das „Augurenlächeln“ erklärt, indem er dem „knorrigen“ alten Cato ein köstliches Bonmot in den Mund legte. „Cato sagte, ja, er wundere sich, dass ein Augur nicht lächeln müsse, wenn er einem anderen Auguren begegne.“  (Johannes Leifeld)

(Bildnachweis)

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